Pferdeschnauben, Hufeklappern, das Klirren der Zaumzeuge, Trommelrollen und der Enthusiasmus des Publikums: Dieses Spektakel schenkt unvergessliche Eindrücke und Emotionen. Sa Sartiglia ist ein Pferderennen, dessen Ursprünge auf heidnische Fruchtbarkeitsriten zurückgehen; es ist eine der herausragendsten Veranstaltungen von Oristano, dieser Stadt, die seit der Epoche der Judikate eine wichtige Rolle in der Geschichte Sardiniens spielt. Mehr als hundert maskierte Reiter in eleganter Kleidung der sardisch-spanischen Tracht im Gefolge des legendären Componidori reiten im Galopp auf geschmückten Pferden zum rhythmischen unaufhaltsamen Trommelrollen. Die Geschicklichkeitsprobe besteht darin, mit dem Schwert den aufgehängten Stern aufzuspießen. Es gibt zwei dieser „Sternerennen“: Am Karnevalsonntag (11. Februar) reiten die Reiter des sogenannten Gremio die contadini, der Bauerngilde, während am Faschingsdienstag (13. Februar) die Zunft der Schreiner, das Gremio dei Falegnami das Rennen bestreitet. Der Rosenmontag hingegen ist der jungen Generation mit der kleineren, sogenannten Sartigliedda gewidmet. Nach den Rennen folgen die atemberaubenden Vorführungen der Gespanne, der sogenannten Pariglie, dann wird das Karnevalsfest auf den Plätzen der Stadt bis in die späte Nacht hinein gefeiert. Dabei dürfen natürlich das typische Mandelgebäck und der lokale Wein, die Vernaccia, nicht fehlen.
Die Feier ist halb heilig, halb heidnisch und wird das ganze Jahr über mit Spannung in der Stadt der Richter Mariano und Eleonora erwartet. Das Fest war ursprünglich eine Reiterschau, die zur Freude der Grundbesitzer und des Volkes anlässlich von Siegen, Krönungen und Besuchen von Herrschern aufgeführt wurde; sa Sartiglia, bietet Farben, Klänge und Sensationen des mittelalterlichen und auch des späteren habsburgischen Sardiniens. Einem Verzeichnis des Rates aus dem Jahr 1546 sind detaillierte Einzelheiten über die Sortilla zu entnehmen, die zu Ehren von Karl V. organisiert wurde. Heute folgt die Veranstaltung unverändert den fünfhundert Jahre alten Riten. Das Wesentliche ist die Einkleidung des Su Componidori, des Anführers des Rennens. Diese Zeremonie symbolisiert die Verwandlung des Reiters in ein übernatürliches Wesen: Er wird von den Is Massaieddas eingekleidet, die von der Figur der Sa Massai Manna angeführt sind. Jede ihrer Gesten wird feierlich ausgeführt. Der Ritter trägt Hosen aus Leder, ein weißes Hemd (das am Sonntag mit roten und am Dienstag mit hellblauen Bändern geschmückt ist) und eine Jacke, die vorne länger geschnitten ist. Eine Maske mit androgynen Zügen bedeckt sein Gesicht; diese ist weiß für die Schreiner und erdfarben für die Bauern. Ein Schleier verbirgt Kopf, Stirn und den Hals.
Der zum Componidori verwandelte Ritter darf den Boden nicht berühren; vom Tisch der Einkleidung wird er auf das Pferd „gehoben“. Der Herr des Rennens kreuzt dreimal das Schwert mit seinem zweiten Gefolgsmann und eröffnet dann die Serie der waghalsigen Rennen, um den Stern aufzuspießen. Dann sind die anderen Reiter an der Reihe, denen der Componidori die Ehre des Schwertes gewährt. Nur ihm und seinen Gefolgsleuten ist zugestanden, ein zweites Rennen mit su Stoccu, einer Holzlanze zu machen. Während des Rennens ertönen rhythmisch die Trommeln und Trompeten. Der Abschnitt der Rennstrecke vor der Kathedrale Santa Maria Assunta ist besonders schwierig: Der Anführer des Rennens zeigt sein Können in sa Remada, der größten Mutprobe. Er reitet verkehrtherum auf dem Pferderücken sitzend und segnet die Menge der Zuschauer als Wunsch für eine gute Zukunft mit sa pippia de maiu. Dann begibt sich der Festzug in die Via Mazzini, wo drei Reiter eine Pyramide und menschliche Türme auf den Pferderücken bilden. Nach diesen akrobatischen Vorführungen kündet ein Militärmarsch die Enthüllung des Componidori an, der die Maske abnimmt und endlich sein Gesicht zeigt und zu erkennen gibt, wer die Gottheit dargestellt hat.
Am Sonntag, den 11. und am Dienstag, den 13. Februar verliest um 10.00 Uhr ein Herold die Ansage des Rennens in den Straßen des Stadtzentrums und lädt zur Teilnahme ein. Um zwölf Uhr mittags beginnt die Einkleidung am Sonntag des Componidori der Bauern, und am Dienstag desjenigen der Schreiner. Davor besucht der Anführer des Rennens das Haus des Gildenvorsitzenden, von dem aus der Zug der Massaieddas ausgeht, die die Kleider bringen, während Mitglieder der Gilde die aufbewahrten Schwerter bringen; dem Zug gehen die Trommel- und die Trompetenspieler voran. Nach Beendigung der Ankleidung, die auf einen Riesenbildschirm auf der Piazza Eleonora übertragen wird, erreicht der Festzug die Via Duomo: Um 13.30 Uhr beginnt das Sternrennen des Componidori, danach folgen sein Gespann, das Gespann des anderen Componidori und die anderen 120 Reiter. Darauf beginnen die Rennen mit der Lanze und sa Remada. Gegen 16.30 erfolgen ausgehend von su Brocci, einem Durchgang, der auf die Via Mazzini führt, beginnen die akrobatischen Vorführungen der Gespanne. Zur Dämmerung hin (gegen 18.30) ist der Zeitpunkt des abschließenden Festzuges. Am Ende folgt die Entkleidung. Zwischen den beiden Festtagen ist am Montag, dem 12. Februar die sogenannte Sartigliedda an der Reihe, die den jungen Reitern und Reiterinnen (zwischen 5 und 17 Jahren) gewidmet ist, die die Gesten der Erwachsenen nachmachen. Sie wiederholen dieselben Riten. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Rennen mit Konfetti übersät wird. Die Sartigliedda wird erneut am 15. August an der Meerespromenade von Torregrande abgehalten.